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Missernten und poltische Aktion. Oberstedten 1815-1849

Im März 2023 jährt sich im zum 175. Mal der Ausbruch der Revolution von 1848/49 in Deutschland. Die Erinnerung an die Ziele, Konflikte und Kämpfe von damals wird dann sicherlich vielfach und bei wechselnden Anlässen beschworen. Dabei besinnt man sich vornehmlich auf die bürgerlich-demokratischen Traditionen der honorigen Deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche mit ihrem Ringen um Einheit und Freiheit.

Die weit elementareren Forderungen der Landbevölkerung und die oftmals miserablen Lebensbedingungen der Arbeiterschaft während der Zeit der Erhebung kamen und kommen dagegen in der „offiziellen“ Erinnerungsarbeit leider oft zu kurz. Denn für viele Menschen stand die Sorge um das tägliche Brot im Vordergrund, so auch für die Oberstedter.

Allerdings waren die Erträge der Landwirtschaft häufig von Missernten bedroht. Diese hatten oft dramatische Auswirkungen, da die Bevölkerung seit 1815 ständig wuchs. In Oberstedten war die Situation besonders prekär. Einerseits stieg die Bevölkerungszahl, andererseits bot aber das Textilhandwerk kaum noch Verdienstmöglichkeiten. Die Quantität und die Qualität der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Oberstedten waren so beschaffen, dass 1847 die Mehrzahl der Einwohner ihr Brot kaufen musste und froh war, „wenn sie so viel Kartoffeln zieht, als sie bedarf.“

Ein Mittel, um aus dieser wirtschaftlichen und sozialen Notlage herauszukommen, sahen die Oberstedter in der Vergrößerung des Ackerlandes auf Kosten des Gemeindewaldes.

Neben der Vermehrung der landwirtschaftlich nutzbaren Ackerfläche bewegte die Frage des Zehnt die Gemüter. In der Landgrafschaft Hessen-Homburg musste Anfang des 19. Jahrhunderts der Zehnt noch als Naturalabgabe geleistet werden. Außerdem bestanden noch Jagdfron sowie die Verpflichtung, Hand- und Spanndienste zu leisten. So blieb es bis zur Revolution von 1848/49. Erst jetzt wurden in Hessen-Homburg wie in ganz Deutschland die Reste der alten Feudalordnung beseitigt und die Umwandlung sämtlicher Zehnten in Grundrente verfügt. Und der revolutionäre Geist von 1848, der auch Oberstedten erfasst hatte, zeigte auch der Wahl der Gemeindeoberen, als man den gesamten Ortsvorstand in demokratischer Manier neu wählte. Dieser Vorgang wäre wohl ohne die revolutionären Ereignisse in Deutschland nicht denkbar gewesen. Allerdings kehrte sich manches bald wieder um …

Erhard Bus, der Autor des entsprechenden Artikels in der Oberstedter Chronik, wird mittels eines Powerpoint-Vortrages diese vergangene Lebenswelt vor Augen führen und auch die Auswirkungen der „Großen Politik“ auf das kleine Taunusdorf Oberstedten beleuchten.